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Walsafari

„Guckt mal, die vielen Möwen da hinten. Sitzen die auf irgendwas drauf? Liegt da ein großes Tier oder so?“ Wir frühstücken gerade und Lasse hat etwas entdeckt. Ich will schon abwinken, hab eh meine Kontaktlinsen eh noch nicht eingesetzt und meinen Kaffee erst halb getrunken, aber Hannes holt das Fernglas. Ja, Lasse hat recht. In etwa 300m Entfernung von unserem Übernachtungsplatz liegt am Strand irgendetwas und Möwen und ein paar Krähen scharen sich darum. Jetzt sind wir doch alle neugierig, unterbrechen das Frühstück und ziehen los. Das „Fundstück“ entpuppt sich als die im Verwesungsprozeß schon recht fortgeschrittenen Überreste eines schätzungsweise 5 m langen Meeressäugers. Der Verdacht, es könne sich um einen Wal handeln, drängte sich auf, zumal wir nach unserer mißglückten Walwanderung bei Unstad die Jungs mit einer echten Walsafari überraschen wollten, zu der wir jetzt nach Andenes auf den Vesteraalen (Nachbarinseln der Lofoten) unterwegs waren. Das passte ja wieder. Wir überlegten noch, ob wir jemanden telefonisch von dem Fund berichten sollten, dachten dann aber, es wäre doch zu albern. Wer weiß, wie viele den hier vor uns schon gesehen haben? Die obligatorischen Beweisfotos wurden natürlich geschossen.

Die Walsafari in Andenes war dann ein voller Erfolg. Zunächst gab es eine kleine Führung in den Ausstellungsräumen der Walforschungsstation inklusive Walskelett und Erklärungen zu den neuesten Forschungsergebnissen und –ansätzen. Beispielsweise gibt es Anhalt dafür, daß Walmütter ihren Kälbern Namen geben, eine bestimmte Sequenz von Klicks, mit der sie nach ihnen rufen. Danach folgte die eigentliche Tour, etwa 4stündig auf einem Kutter, nicht mehr als 5 Seemeilen von der Küste entfernt. Die Fotos sehen, wie das immer ist, nach gar nichts aus. Das Erlebnis war jedoch der Hammer. Man kann es gar nicht anders beschreiben… doch, die Jungs beschrieben es mit „Eh krass, Altä!“ (Woher haben sie bloß diese Ausdrucksweise, ts ts?!) Ernsthaft, ich hatte den Erfolg solcher Touren als nicht besonders groß eingeschätzt. Vielleicht ein kleiner Wal, in der Ferne. Aber daß wir drei Pottwale (!ja, das sind die GROSSEN!) in unmittelbarer Nähe zum Boot sehen würden, hätte ich nie gedacht. Wirklich beeindruckend! Die Forscher erklärten, es seien meist bekannte Tiere, jedes mit Namen. Den letzten, der am dichtesten ans Boot kam, hatten sie als Ismael identifiziert. Die Wale würden das Forschungsschiff kennen, seien deshalb so entspannt. In anderen Gebieten sei es schon vorgekommen, dass die Mütter ihre Kälber bei den Schiffen quasi „in Betreuung“ ließen, während sie für einige Zeit in der Tiefe auf Nahrungssuche gingen. Abschließend durften die Jungs den Klickgeräuschen der Wale dann noch live zuhören. Na wie gesagt, die Fotos fangen es nicht ein. Dafür haben wir dann unsere Bilder des gestrandeten Wales gezeigt, um einfach mal zu fragen, um welche Art es sich gehandelt haben könnte. Die waren dann gleich richtig interessiert und bezüglich der Gattung nicht ganz sicher. Die matschigen Fleischreste haben wohl wichtige Erkennungsmerkmale am Skelett verdeckt. Sie haben sich dann gleich die Fotos kopiert, genau den Fundort beschreiben lassen und unsere mail-Adresse aufgeschrieben. Vermutet wird, daß es sich um einen Zwergwal handelt und … ein solches Skelett haben sie noch nicht. In den nächsten Tagen wollen sie ihn besichtigen, wahrscheinlich abdecken und mit Steinen verstecken, damit keiner dran rumfummelt und unter der Plane der Verwesungsprozeß beschleunigt wird. Wenn alles klappt, haben sie ihn in ein paar Wochen blitzblank in der Forschungsstation und schicken uns dann eine Nachricht. Das nenn ich dann mal „Eh krass, Altä!“