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Chefchaouen

Am nächsten Tag verabschieden wir uns vorübergehend von den vier Potsdamern. Sie zieht es direkt an die Atlantikküste. wir wollen erstmal nach Chefchaouen, ein entspanntes kleines Städtchen im Rifgebirge, das im Reiseführer so verlockend klang. Die Straße dorthin ist recht gut, unsere Laune noch besser, die Sonne scheint. Auch hier wiederholtes Winken und Daumen-hoch von Passanten, die die Feuerwehr bestaunen. Doch je weiter wir in das Gebirge hineinfahren, desto häufiger kommen uns Autos mit Lichthupe entgegen, fahren vor uns rechts ran und rufen uns etwas zu oder laufen neben uns her und fuchteln mit irgendwas herum. Müssen wir hier mit Licht fahren? Ist die Tür hinten offen? Verlieren wir Ladung vom Dach? Irgendwann fahren wir an den Straßenrand, einer kommt angelaufen und hält mir einen grün-bräunlichen Klumpen entgegen, dazu dann eine vielsagende Geste mit Zeige- und Mittelfinger zum Mund. Jetzt fällt es mir wieder ein. Stand auch im Reiseführer. Das Rifgebirge ist das größte Haschisch-Anbaugebiet der Welt, und wir potentielle Kunden. Deshalb sind die hier so entspannt … Den Rest der Fahrt verbringen wir mit höflichem Kopfschütteln, belehrenden Erklärungen zum Konsum von Drogen an die Kinder, und Hannes bringt mir „Nein danke, ich rauche nicht.“ auf französisch bei.
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Tétouan

Tetouan, unsere erste marokkanische Stadt. Katrin und Franz, die schon zweimal in Marokko waren, fragen sich zum bewachten Parkplatz am Rand der Medina durch, wir tuckern durch das Verkehrsgewühl hinterher. Kommentar in unserem Reiseführer: „In Marokko werden immerhin rote Ampeln beachtet.“ Dem habe ich nicht viel hinzuzufügen. Mit einem Kampfgewicht von sieben Tonnen fühlt man sich doch recht sicher und die übrigen Verkehrsteilnehmer zollen ein wenig Respekt. Allerdings bin ich sehr froh, nicht selbst fahren zu müssen. Wir stellen die Kiste so schell wie möglich ab und machen uns zu Fuß auf in die Altstadt. Es ist Markttag, was den üblichen Trubel noch verstärkt. Wir schlendern durch ein Labyrinth aus Gassen, gefüllt mit Menschenmassen, Waren, Verkäufern mit Handkarren, Motorrädern und verschiedensten Gerüchen. Mal weht einem der Duft von Essen, süßem Tee oder Gewürzen entgegen, mal ist es Gestank von Abgasen, Fischresten oder Urin, je nachdem um welche Ecke man gerade biegt. Den Reiseführer mit der Stadtkarte stecke ich schnell wieder weg – völlig nutzlos. Wir lassen uns treiben, kaufen Oliven und Obst und landen schließlich in einem kleinen Café und genießen unseren ersten „whiskey maroc“, einen starken grünen Tee mit frischer Pfefferminze und kiloweise Zucker. Lecker! Ab und an bietet sich jemand gegen ein kleines Trinkgeld für eine Stadtführung an, deren Ziel dann in der Regel der nächste Teppichladen ist. Doch aufdringlich ist niemand. Im Allgemeinen werden wir recht unbehelligt gelassen. Vielleicht liegt es an der uns umgebenden blond-blauäugigen Kinderschar, die mithilfe von Ida und Luise, den süßen Töchtern von Katrin und Franz, auf die stattliche Zahl sechs angewachsen ist und an sich eine kleine Attraktion hier darstellt.
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von Andalusien nach Marokko

Auch Granada ist sehr schön, wenn auch im Vergleich mit Cordoba für mich eher auf dem zweiten Platz. Eigentlich hatte ich es ja auf eine Flamenco-Show abgesehen. Die beginnen allerdings nicht vor halb zehn abends. Da müssen wir wohl nochmal zu zweit wiederkommen.
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Lanzarote-Madrid-Cordoba

Nach der gemütlichen Abreise von Lanzarote, signifikant unterstützt durch Mario von Apartamentos Santa Rosa (Danke nochmal!!!), stehen wir gerade am See namens Laguna del Conde, einer von sehr wenigen hier im Süden Spaniens. Yvonne betätigt sich gerade als Privatlehrerin in Deutsch, gefolgt vom Unterricht in Mathematik und Englisch, vertreten durch den einzigen über 30. Es regnet seit Stunden in Strömen und heldenhafterweise haben wir gerade heute ein Fenster irrtümlich vergessen zu schließen (Fahrerfenster komplett offen), so dass es über Nacht auf den Fahrersitz geregnet hat. Dass wir das nicht bemerkt haben, lässt immerhin auf eine relativ warme Nacht schließen. Erst gestern früh um neun Uhr hatten wir beißende -2°C. Zum Glück konnten wir nur drei Stunden später bei blauem Himmel im T-Shirt draußen sitzen und konkret urlaubsmäßig ein Buch lesen.

Der Stellplatz hier scheint exakt auf dem Weg einer Defender-Touri-Ausflugs-Tour zu liegen. Gestern haben uns mindestens 10-20 Defender in 10min Abständen passiert. Das hält unsere Jungs natürlich nicht davon ab, sich mit den Fahrrädern gegenseitig mit Bremsspurlängen zu überbieten, mit Spanngurten Schaukeln zu bauen oder das Longboard/Skateboard per Seil als Anhänger am Fahrrad zu befestigen und die kleinen Hügel runterzuknallen. Die teilweise sogar über Stunden andauernde Ungestörtheit beim Buch lesen im Campingstuhl, selbstverständlich inklusive ungestörter Sicht auf die Olivenbaumhaine, unterstützt somit unsere These, im kinderbespaßungstechnischen Sinne zufriedenstellend ausgerüstet zu sein.

In Madrid konnte Yvonne ihr Geburtstaggeschenk von der Rostocker, Hamburger und Münchner Fraktion (Paket per ‚poste restante‘) in Empfang nehmen – ein ebook-reader (Kindle). Seit Wochen steht bei uns im Gang eine riesige Bücherkiste mit rund 25 gelesenen Büchern. Unserem Platzproblem an Bord kommt der Kindle da ganz recht. Sogar Lasse ließt Percy Jackson Teil drei und vier jetzt auf dem Teil – gratis wifi und download der Bücher auf einer siffigen Raststätte nahe Cordoba sei Dank. Zur Poststation in Madrid wurden wir übrigens per Polizeieskorte gebracht. Apropos, im krassen Gegensatz zu Frankreich und dem Ostblock sind die portugiesischen und spanischen Polizisten sehr angenehm, locker und hilfsbereit. Keine Schikane mehr.

Nahe Madrid haben wir das letzte Altöl ablaufen und neues nachfüllen können (Entsorgung problemlos bei der Tankstelle), so dass jetzt Achsen, Getriebe und Motor bis Rostock kein neues Öl mehr benötigen. Der Auspuff hat sich wieder etwas losgejackelt und mit neuen Rohrschellen hält es zumindest bis zur Werkstatt in Marokko. Große Augen haben wir bekommen, als wir entdeckt haben, dass der Keilriemen durch eine Rohrschelle der Wasserpumpe angeritzt wurde. Rohrschelle gedreht und feddich. Das muss aber schon ewig so sein (da hat die Werkstatt Mist gebaut) – umso optimistischer sind wir, dass das Teil noch die 10-15tkm bis HRO durchhält. Auch das eine oder andere Schräubchen am Motor hat Öl gelassen – Schraube nachgedreht und basta. Sonst kann man nur wiederholen, dass das 38 Jahre alte Arbeitsgerät, das einem wirklich nichts übel nimmt, bei etwas Pflege mit viel Öl und Fett bis jetzt einfach nur extrem zuverlässig ist.

Tag drei und vier nach Madrid haben wir in Cordoba verbracht. Seitdem wir ein Mal wirklich verdammt knapp vorm Verkeilen in einer Altstadt im Baskenland waren (Poller angefahren, höchstens drei cm links und rechts zur Wand), kommt der Puls bei mir ähnlich dem Reflex beim Pawlowschen Hund sobald die Straßen enger werden. Das trat dann teilweise auch wieder in Cordoba ein. Zehn cm breiter und wir wären nur mit Polizeieskorte die Einbahnstraßen zurück aus der Altstadt gekommen. Man lernt halt nicht dazu. Für den Stellplatz in Altstadtnähe während der zwei Tage Cordoba hat sich das Ganze dennoch gelohnt.

Durch verdammtes Glück war zu dem Zeitpunkt gerade ein zweitägiger Mittelaltermarkt, der mit Gauklern, Trommlern, einem Schmied, Falken-Show, unendlich vielen Ständen voller leckerem Essen, Spielzeug oder auch orientalischen Kunstgegenständen und Schmuck nur so überquoll. Kein Vergleich zu ähnlichen Märkten in MV, das Ding war richtig gut!
Am Tag zwei in Cordoba stand die Altstadt auf dem Plan. Vorbei an der Moschee und der Synagoge hat es uns auf unserem Bummel ganz besonders die Gemütlichkeit der Innenstadt durch die nur drei bis vier-stöckigen Häuser sowie das orientalische Flair vieler Innenhöfe angetan (Guckst du Fotos).

In weniger als 10km Entfernung von Cordoba haben wir uns im Anschluß die mehr als 1000 Jahre alten Ruinen der alten Palaststadt ‚Madinat al-Zahra‘ angeschaut. Ein schöner Vorgeschmack auf das Alahambra in Granada mit teilweise noch sehr gut erhaltenen Gebäudemauern, Speckstein-Verzierungen sowie 1000 Jahre altem Kunsthandwerk im dazugehörigen Museum (link: http://de.wikipedia.org/wiki/Mad%C4%ABnat_az-zahr%C4%81%CA%BE)

Wir haben jetzt ’nur‘ noch knappe fünf Monate vor uns und hätten wir nicht die schulische Verpflichtung für die Jungs sowie unsere auf ein Jahr begrenzten Ersparnisse, wir würden wenig zögern, den Trip auf ein weiteres Jahr zu verlängern. Wo wir gerade dabei sind, wer spendiert 30000,- Euronen für ein weiteres Jahr? Mehr Afrika, Südamerika oder Südost-Asien vielleicht. Wir überlegen schon welche Art LKW wir uns aufbauen wenn die Kinder größer sind und keinen Bock mehr auf die Alten haben, ein kleiner Unimog oder unsere Kiste dekadent nur für zwei umbauen…? Schön, wenn man sonst keine Probleme hat.

Afrika

Wir sind ‚drüben‘. Total entspannt hier, wenig Touristen. Eben waren wir in Chefchaouen in der Medina essen.

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Für SMS die alte Nummer, Anrufe bitte nur noch über unsere Marokkanische Handy Nummer: +21-2628524592. Anrufe schaffen unsere deutschen Prepaid Handies nicht.

Lanzarote – der Urlaub im Urlaub

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Wir haben für zwei Wochen unsere geräderte 8m²-Suite gegen ein Hotelzimmer auf den Kanaren getauscht. Nach unserer planlosen Ankunft auf Gran Canaria – vier Kinder, zwei große Rucksäcke, ausreichend Lesestoff und ein Piraten-Malbuch im Gepäck – und der ersten Nacht in einem ziemlich muchtigen Billighotel, welches allerdings über eine Dachterasse verfügte, haben wir per Fähre nach Lanzarote übergesetzt. Und uns dann gleich mal was gegönnt … zwei Zimmer mit Verbindungstür und Poolblick in einem 4-Sterne-Hotel. Unser erster Hotelaufenthalt als Familie überhaupt. Die Vorteile in Kürze: viel Platz (vor allem im Vergleich zur Feuerwehr), viel Essen (zu dem man nur pünktlich erscheinen muß), kein Aufräumen, kein Abwaschen, und natürlich stehen die Jungs auf den Pool. Die Nachteile: wir sind weit und breit die einzigen unter 55, der beheizte Poolbereich ist nur für Erwachsene (was uns nicht davon abhält, die Jungs trotzdem reinhüpfen zu lassen, aber immer nur, wenn kein Rentner drin ist) und es ist etwas merkwürdig, alles nachgeräumt zu bekommen und bedient zu werden – irgendwie doch nich unser Ding. Und lächeln die Angestellten eigentlich alle und immer, weil sie uns so nett finden, oder weil das hier in einer Woche über 1000 Euro kostet? Ich glaube von beidem etwas.

Woche zwei verbringen wir in einem anderen Hotel. Kein Stern, halber Preis, die Zimmer nicht so elegant und großzügig, das Essen nicht so reichlich. Aber Jung und Alt gemischt, das Personal locker und an der Poolbar läuft Amy Whinehouse. Für uns insgesamt doch angenehmer, auf die Sterne können wir verzichten.

Ansonsten hat Lanzarote viel zu bieten. Dank des einheimischen Künstlers und Architekten Cesar Manrique hat man sich vor langem darauf geeinigt, kein Gebäude der Insel höher als drei Stockwerke zu bauen und alles in weiß zu halten. Davon gibt es leider ein paar wenige Ausnahmen – Hotels natürlich – doch die halten sich wirklich in Grenzen. Man hat von nahezu jedem Ort einen unverbauten Blick auf die Vulkane, mit denen die Insel übersät ist. Selbstverständlich haben wir die auch besichtigt. Höhlenwanderung, Kamelreiten, Fahrradfahren, U-Boot-Ausflug – wir haben alles mitgenommen, was den Touristen hier so geboten wird. Siehe Fotos.

Erschreckend und peinlich allerdings die vielen britischen und deutschen Touries, die hier in den Orten mit freiem Oberkörper und leuchtendem Sonnenbrand durch die Gegend wabbeln. Das ist wirklich schamlos und ekelhaft. Ich hätte nie gedacht, daß das hier so extrem ist. Offenbar ist es sogar notwendig, die Hotelgäste am Eingang zum Restaurant mittels Schild darauf hinzuweisen, daß dieses nicht in Badesachen zu betreten ist. Die Einheimischen nehmen es anscheinend locker. Und hübsche Toilettenschildchen haben sie auch – siehe Foto.

 

Portugal

Nach ein paar lauschigen Tagen am See ging es dann Richtung Portugal. Vorher jedoch haben wir noch eine Nacht auf dem McDonalds Parkplatz in Vigo verbracht (gratis Internet), um morgens dann ein gepflegtes Fast Food Frühstück einzunehmen. Wie immer ein Highlight für die Jungs mit dem sich gleichzeitig einstellenden subjektiven Heimatgefühl.
Nach dem Frühstück war eine kurze spontane Visite des Vigo-Strandes in 200m Entfernung vom Parkplatz geplant. Nach der darauf folgenden Entscheidung die Stippvisite durch Kombination mit Baden, Kuchen essen, abhängen und dem Schnack mit den gambischen und senegalesischen DVD-Raubkopie-Verkäufern zu erweitern, war es dann halb fünf nachmittags als wir unsere Motoren wieder starteten.

Die notwendigerweise darauf folgende Nachtschicht bezüglich der Fahrerei endete dann am Strand namens Praia de Coco da Cruz (nördlich von Mira), der, so viel war uns zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, der Platz sein sollte an dem wir Weihnachten, Silvester und Peters Besuch feiern sollten. Der Atlantik ungefähr 30m entfernt, fliessend Wasser zum Wäsche waschen in 20m Entfernung, kleiner Supermarkt 3min zu Fuß sowie reichlich Treibholz und Euro-Paletten zum Verheizen auf dem Lagerfeuer.
Letztendlich haben wir es dort ganze 12 Tage ausgehalten, kältere Abende wurden durch das Lagerfeuer erträglich und tagsüber reichten die Temperaturen locker aus um den ganzen Tag draußen mit Lesen, Buddeln, Höhle- und Swimmingpoolbau und weiteren Surfversuchen zu füllen. Auch erste erfolgreiche Ölwechsel wurden unternommen. In Marokko werden wir unser PS-Monster für ein paar Euronen mal durchsehen lassen, inklusive notwendiger Bremsen-Updates und Ölwechsel. Und mal ausloten, wie viel einmal neu Lackieren kostet.

In Anbetracht unseres geplanten kleinen Gran Canaria Abstechers mussten wir uns leider von Paula und Hauke (bullitour.de) trennen, die weiter südlich nach Lissabon fahren und wir Richtung Osten nach Madrid. Für Anfang Februar ist jedoch die gemeinsame Weiterfahrt durch Marokko geplant. Mit den beiden haben wir total Glück, voll entspannt, und genauso wie wir ebenfalls ohne den großen Reiseführerdruck des gewöhnlichen Touristen unterwegs.

Datt mit AIDA fahren war echt ’ne Aktion nur für völlig Grundentspannte. Wir bekommen es billiger, weil Opa bei AIDA arbeitet. Vor einem halben Jahr also einen Antrag gestellt mit der AIDA-Info, ‚wir melden uns 14 Tage vorher‘. 14 Tage vorher kein Anruf von Aida. Wir rufen also selber an. Aha, Zusage bekommen wir erst drei Tage vorher, weil wir AIDA ohne Flug wünschen (den gibt es nur von Deutschland aus). Na schön, dass das so rechtzeitig mitgeteilt wird. Sie wollen erst die Flüge loswerden. Kabinen sind zu dem Zeitpunkt noch frei. Drei Tage vorher, heute, unser Anruf. Nix iss, Pustekuchen, alle Kabinen voll. Echt mies gelaufen, man muss doch wenigstens ein Minimum an Planungzeit haben? Das wurde definitiv nicht sehr familienfreundlich und recht chaotisch geregelt bei der Aida Verwaltung – und somit für uns auch das letzte Mal.
Gleich geht’s zu Mc Donalds in Madrid, den Flug stornieren oder umbuchen. Last Minute. Mal sehen von wo aus wir uns wieder melden. 🙂 (edit: wir haben uns entschieden den Flug trotzdem zu nehmen, nix zu organisieren und am Flughafen in Las Palmas spontan zu entscheiden was wir machen)

Frohes Neues!

Galizien

Nach anderthalb Tagen Fahrt mit unseren zwei lahmen Enten (zusammem 60 Jahre Altmetall) sind wir an einem ruhigen Strand angelaufen. Die zwei Tage dort waren jedoch von extremem Wind und Regen (parallel zum Boden) überschattet, so dass wir in der Hoffnung auf weniger deftigen Wind am dritten Tag ins Landesinnere gefahren sind. Der See an dem wir jetzt stehen ist sicher einer unserer Top Stellplätze dieser Reise. Sonne, paddeln gehen, draußen abhängen, grillen und das alles noch exklusive Autolärm in Hörweite und inklusive genialer Aussicht. Nebenan nur ein Bauernhof der mit etwas Hundegebell am Abend sowie regelmäßigem Hahnengekrähe die Geräuschkulisse erweitert.

Gleich wird gegrillt und Paulas Geburtstag gefeiert. In der Sonne 28 Grad, im Schatten 12°C. Heute Nacht hatten wir Minusgrade, gestern abend um neun Uhr überzog bereits eine dünne Eisschicht Paddelboot und Surfbrett. Wir wollen mal auf einen milden Winter hoffen! Bis zum 8. Januar sind wir noch in Spanien, dann anderthalb Wochen Kanaren, danach Marokko.

Wir haben vor einer Woche übrigens die erste komplette Gasbefüllung verbraucht und nachgetankt, sprich ~80 Liter in fünf Monaten. Die Befüllung mit dem deutschen System ist entgegen unseren Erwartungen auch in Spanien kein Problem.

Morgen oder übermorgen geht es weiter Richtung Porto um die zweite Charge Care Pakete von den Großeltern abzusahnen.

Cantabrien und noch mehr Altmetall

In Cantabrien begegnen wir auf einem ziemlich ollen LKW-Rastplatz Paula und Hauke. Die zwei Berliner sind im T3-Bulli im gleichen Zeitraum wie wir unterwegs, haben fast die gleiche Route zurückgelegt (Auf den Lofoten haben wir uns um vier Tage verpaßt.), und ihre Vorstellung von entspanntem Reisen scheint mit der unseren fast deckungsgleich. Es fehlen ihnen quasi nur noch das allmorgendliche „Wann ist die warme Milch fertig?!“ und weitere zehn Jährchen auf dem Buckel. So beschließen wir eine gemeinsame Weiterfahrt, machen einen Abstecher zu den „Picos del Europa“ inklusive Seilbahnfahrt und Schnee und Eis auf dem Gipfel, und verbringen einige gemütliche Abende unter dem Sonnendach des Bullis. Ja, ab und an ein Gespräch mit Volljährigen ist auch nicht verkehrt.

Ansonsten ist als wichtiges Ereignis noch Bennets Milchzahnverlust (großer Schneidezahn in Quadrant 2 [edit: danke Coco!]) bekanntzugeben.

Desweiteren nehmen wir Stellung zum Hinweis unserer ebenso treuen wie aufmerksamen Leserin Franzi R. aus H. zur mangelnden Aktualität unseres homepage-Namens: Nein, es ist auch uns nicht entgangen, daß wir nun nicht mehr 6 Milliarden Menschen auf der Erde sind, so wie zu Schulzeiten mal gelernt, sondern inzwischen 7 Milliarden. Weil aber sechsaussiebenmilliarden blöd klingt und ich weder bereit bin, die Feuerwehr als vollwertiges Familienmitglied anzusehen, noch ein fünftes Kind zu bekommen, nur damit wir uns jetzt siebenaussiebenmilliarden nennen können, bleibt es einfach bei der gewohnten Bezeichnung. Vielen Dank für Euer Verständnis!

Advent, Advent, kein Lichtlein brennt

… na ja, zumindest fast keines. Nachdem wir in Frankreich von der prächtigen Weihnachtsdeko bei T-Shirt-Wetter noch eher irritiert waren, ist es im Baskenland fast etwas zu unfestlich für die Adventszeit. Kaum eine Lichterkette ist aufgehängt und wenn, dann ist sie nicht eingeschaltet. Wir versuchen, uns ein bißchen in Stimmung zu versetzen, und backen Plätzchen, aber so richtig klappt es nicht… Na dann wieder ab an den Strand, buddeln, lesen, surfen.

Die Basken sind entspannte Leute, überall grinsende Gesichter, winkende Hände, gereckte Daumen. Die vier Blonden kommen selbstverständlich wieder gut an. Man schnattert und schnattert, auch wenn wir längst zu verstehen gegeben haben, daß wir kein Wort spanisch verstehen. Ab und an spricht mal einer französisch, dann kann sich Hannes das ganze nochmal anhören. „Blond“ ist scheinbar überall das gleiche Wort.

Man darf nur nicht sagen, hier in Spanien sei es sehr schön. Umgehend wird man korrigiert: Das ist hier nicht Spanien. Das ist das Baskenland! Und tatsächlich hängt überall die baskische Flagge an den Häusern. Straßen und Orte sind fast ausschließlich in baskisch ausgeschildert – in unserer Straßenkarte natürlich spanisch. Wenigstens sind mal nicht meine miserablen Kartenlesekünste schuld, wenn wir uns verfahren.

Die Landschaft ist wieder mal toll. Steilküste und Sandstrand im Wechsel, Gebirge direkt im Anschluß an das Meer, in jedem Tal ein gemütlicher kleiner Ort. Wir beschließen, weiter an der Küste entlang zu fahren und dann am nordwestlichen Zipfel Spaniens nach Süden Richtung Portugal abzubiegen. In Porto wollen die Jungs die lang ersehnten Weihnachtspakete der Großeltern in Empfang nehmen.

4000 km später und 15° wärmer

,Nachdem wir Polen nur als Transitland missbraucht haben, wurden wir auch gleich noch mit reichlich bürokratischer Ahnungs- und Willenlosigkeit der polnischen Behörden konfrontiert, nicht zu erwähnen die dreiste Maut Abzocke für wirklich höchst miserable Autobahnen. Erstaunlich der Vergleich mit Estland, unsere Vorurteile hätten eher Polen als Estland für infrastrukturell und touristisch weiter entwickelt gehalten – unserem subjektiven Urteil nach ist eher das Gegenteil der Fall. Zum Beispiel wurde uns dann an der Grenze zu Tschechien mitgeteilt, dass das Maut-Leihgerät nur 100km vor der Grenze zurückgegeben werden kann – ohne Zweifel eine verwaltungstechnische Meisterleistung. Das teure Mautleihgerät hängt nun als Andenken weiterhin an der Scheibe.
Durch Tschechien kamen wir dann richtig fix, da lohnen sich 60Euro Autobahn Gebühr. Eigentlich lag Prag auf unserem Plan, als jedoch erste Großstadt auf unserer Reise gab es dort kein Hineinkommen mit unserem Kleinwagen, Beschränkung 3,5t.

In Nürnbergs Innenstadt kam es dann zum erfreulichen Wiedersehen mit Oma Nati nach vier Monaten Nomadendasein. Durch reichlich Glück konnten wir direkt bis vor das Hotel fahren, so dass Oma Nati dann gegen 8 Uhr morgens plötzlich neben dem Feuerwehrauto erschien und uns die Jungs mit einem lauten „Oma Nati! Oma Nati!“-Kreischen weckten. Als Belohnung für so frühes Aufstehen, führte Oma uns dann stilgemäß zum Frühstück zu Mc Donalds. Im Anschluß dann nachträgliche Geschenkübergabe für die Kindergeburtstage, die wir in Nordeuropa gefeiert haben. Sehr schön, viele Spiele von Oma und Opa aus Kessin und Lego von Oma und Opa aus Kritzmow. Lego, übrigens DAS Spielzeug auf unserer Reise. Und Kuhhandel, DAS Spiel. Ganze zwei Tage haben wir es uns in Nürnberg mit Oma so richtig gut gehen lassen. Nicht zuletzt konnten Yvonne und ich abends ohne Kinder sogar noch eine Runde durch Nürnberg drehen, um dann bei Starbucks und freiem Internet Flüge nach Las Palmas (Gran Canaria) im Januar zu buchen.

Um uns für die kommenden Strapazen in Frankreich, Spanien, Portugal und Marokko fit zu machen, haben wir gleich noch zwei weitere Tage bei Coco und Jan in München verbracht. Während die Damen sich den Streß in Münchner Clubs weggetanzt haben, haben die Herren sich prächtig mit schlechten Filmen und Alkohol amüsiert. Und ja, wieder ist uns bewußt geworden, dass die Jungs nun fast erwachsen sind, denn es hat keiner wie beim letzten München Besuch in die Schlafvorrichtungen gepinkelt.

In Pforzheim, anlässlich Hendriks Geburtstag, ging es wieder ins Schwimmbad. Das beste unserer Reise bisher. Unser kleiner Henni, weniger als ein Jahr noch und schon morgens um sieben mit Ranzen und Brüdern auf dem Weg zur Schule.

Nicht, dass wir nicht schon genug Kohle für Sprit lassen mussten, um in den warmen Süden zu kommen, gab es dann gleich die Spritpreis-Keule von 1,50 für Diesel in Frankreich und 70 Euro Maut für 300km Autobahn. Der einzige Weg war der Ausweg über Landstraßen. Und das war gar nicht mal eine so schlechte Idee, denn der Diesel ist auf dem Land deutlich billiger (fast 20 Cent) und nicht zuletzt sind die kleinen Städtchen der Provence très joli. Zudem kann ich mein angestaubtes Französisch im Ländle wieder aufpeppen. Auf dem Parkplatz in Tournon, meine Herren das sieht hier alles aus wie Filmkulisse, fuhr plötzlich ein Pärchen mit Sohn in Lasses Alter und extrem gut erhaltenem Vw T2 vor. Nach kurzer Vorstellung wurde zack zack in Sekunden von Pascal und Olga Blutwurst, Rotwein und andere lokale Spezialitäten zwischen unseren Autos aufgetischt. Wir konnten immerhin Lebkuchen und Brot sponsern. Gut gelaunt und leicht alkoholisiert, mit wertvollen Reisetips in der Tasche, gab es dann bei Verabschiedung die Verabredung für unsere Heimreise im März/April kommendes Jahr, sollten wir nicht die Fähre von Tanger nach Italien im Frühjahr nehmen. So wurde aus unserer Abendbrot Pause mit geplanter Weiterreise ein längerer Abend und, dank Rotwein der Provence, ein Abend ohne Weiterfahrt. Am Morgen dann wieder Gekreische der Kinder, nicht ‚Oma Nati! Oma Nati!‘ sondern ‚Polizei! Polizei!‘. So ein Mist, raus zum Polizisten und der faselt was von c’est interdit und in zehn Minuten müssen wir weg. Gut, wir wollen nicht schon wieder schmieren und hören drauf. Zehn Minuten später sind wir weg und finden einen Platz zum Essen und Schule machen neben Weinfeldern.
Die Tips der Franzosen waren Gold wert, die kleinen Dörfer total genial. Wir hatten schon mit einer Immobilie im Wert von 1,2 Mio geliebäugelt, dann plötzlich der Blick auf ein Centre Nucléaire in Sichweite. Also doch nicht. Mal sehen was es so in Las Palmas gibt.

Bei einem Rundgang ist mir aufgefallen, dass eine Dieselrücklaufleitung am Motor leckt und sogar alle paar Sekunden einen Tropfen Diesel verliert. So wie es aussieht war dies schon länger der Fall gewesen. So sind wir dann auf der Autobahn zu einer Mercedes Werkstatt runtergefahren und haben 10cm Kraftstoffleitung vom netten Service-Mann geschenkt bekommen. Das ganze war so einfach zu reparieren, dass ich das noch auf dem Werkstatt-Parkplatz in weniger als 10 Minuten 1A hingefrickelt bekommen habe. Wie geil, gleich ist der Motor unten wieder ein bisschen trockener als vorher.

Voll krass übrigens, hier laufen Flamingos frei herum, daneben gleich die Wasserbüffel. Seit fast zwei Wochen sind wir am Mittelmehr und fahren von Strand zu Strand. Die Kinder genießen die Buddelei und endlich wieder baden, wir verschlingen ein Buch nach dem anderen und benötigen deshalb bald Nachschub!

hier unser twitter gelaber: twitter.com/magisterludy

twitter

liebe omas und opas, nein, wir wurden weder skalpiert, noch geköpft, noch beraubt. deshalb hier unser twitter account, den wir ab jetzt öfter als neue einträge aktualisieren werden:
twitter.com/#!/magisterludy

der neue eintrag ist fertig, die fotos leider noch nicht.

aktuell genießen wir unseren strandurlaub am mittelmehr.

Baltikum

Die baltischen Länder durchqueren wir auf der Flucht vor der Kälte ziemlich zügig.
Nach unserem Stadtrundgang in Tallinn haben wir es doch noch einmal auf eine Wanderung im Soomaa-Nationalpark abgesehen. Kilometerlange, mit Wildnisshütten gespickte Wanderwege findet man hier allerdings nicht, so werden eher zwei längere Spaziergänge daraus. Im Allgemeinen kann uns die Landschaft nicht so sehr aus der Reserve locken – die Lofoten und Lappland sind schwer zu toppen. Wir stoßen jedoch auf eine Art Hochmoor, das ganz plötzlich hinter einem Waldrand auftaucht und uns in eine irgendwie entrückte Stimmung eintauchen läßt, und Hannes in einen eisigen Tümpel. Außerdem gibt es hier eine Art fünfte Jahreszeit. Nach dem Winter wird die gesamte Gegend überflutet, die Wanderwege werden dann mit dem Einbaum befahren. Die höchsten Wasserstände der letzten Jahre sind an Bäumen markiert worden. Wir staunen nicht schlecht.
Am Nachthimmel machen wir auch eine neue Entdeckung. Der ist hier fernab von großen Städten natürlich tausendmal schöner als in Rostock. Da leuchtet was ziemlich hell, ein Stern ist es nicht. Wird entweder Mars oder Venus sein, denken wir. Aber die Internetrecherche (ja, wlan mitten im Nationalpark dank der nahen Touri-Info) ergibt, dass der Jupiter mit bloßem Auge zu sehen sein soll! Wir kramen Lasses Fernglas hervor und tatsächlich: Jupiter mit seinen vier Monden in klassischer Konstellation, einer links, die anderen drei rechts vom Planeten. Total cool!

Neuierig gemacht hat uns eine Empfehlung aus dem Internet, im Südosten Estlands Fledermaushöhlen zu besichtigen. Diese Höhlen sind eigentlich das Ergebnis von jahrzehntelangem unterirdischen Sandsteinabbau zur Glasherstellung. Die Sowjets haben ab den Sechzigern den Tagebau angeordnet, weil sie die Hügel der Region nicht für erhaltenswert hielten, und damit ein riesen Loch in die Landschaft gerissen. In die stillgelegten Höhlen sind jedoch Fledermäuse eingezogen, das heißt, sie kommen jedes Jahr im Oktober zum Winterschlaf hierher. Die Jungs sind also sehr gespannt und voll auf eine Höhlenexkursion eingestellt. Leider ist vor einigen Jahren einem finnischen Touristen reichlich Sand von der Höhlendecke auf den Kopf gekracht (Invalidisierung), was zur Folge hatte, dass nun niemand mehr die Höhlen weiter als die ersten drei Meter betreten darf. Geschützt sind sie wegen der seltenen Fledermausbesiedlung dennoch.

 

In Riga wollen wir uns vor allem die Altstadt angucken. Es reicht dann aber nur noch zu einer „Nachtwanderung“, weil wir den ganzen Nachmittag auf dem Zentralmarkt verbringen. Der wird nahezu vollständig von Russen beherrscht und es gibt eigentlich alles zu kaufen von frischen Eiern und Gemüse über Teekessel und Strumpfhosen bis hin zu Dörrfisch, Kaviar und halben Schweineköpfen (kein Witz). Die Jungs sind fasziniert von den Auslagen und auch uns schlägt die Atmosphäre in ihren Bann. Dicke Frauen rufen sich über ihre Marktstände hinweg Neuigkeiten zu, manche deuten zaghaft auf uns, Henni wird übers Haar gestreichelt, Großmütterchen mit Kopftuch schlurfen vorbei, hin und wieder guckt einer böse, weil Hannes heimlich fotografiert (ist aus irgendeinem Grund hier verboten). Ein Typ, der eine schräge Komposition aus militärischen Orden, kleinen Keramikfiguren, alten Geldscheinen und Hitler- und Stalin-Büsten verkauft, meckert rum, wir sollen kaufen, nicht fotografieren. Das machen wir dann auch: Granatäpfel aus Aserbaidschan, Apfelsinen, Pilze, Nüsse, türkischen Nougat, Pfeffernüsse, Räucherfisch, frisches Hühnerfleisch, Brot und 18 frisch gebackene Donuts (Stückpreis umgerechnet etwa 13 Cent) von einer Frau, die die Jungs alle sehr hübsch findet, aber ob wir nicht doch noch ein Mädchen versuchen wollen? Dazwischen ich mit meinem schändlich rudimentären Russisch.

 

Von Riga einmal abgesehen wirkt Lettland ganz im Gegensatz zum westlichen Estland schon noch etwas „russisch“. Häufig fahren wir an Plattenbausiedlungen vorbei, die Erinnerungen wach rufen, wie es bei uns mal ausgesehen hat, bröckelnde graue Fassaden. Die Krone sozialistischer Innenarchitektur verleihen wir dann einem sowjetischen Bunker etwa eine Auto-Stunde östlich der lettischen Hauptstadt. Unter einer Reha-Klinik haben die Sowjets sich hier während des kalten Krieges unter fünf Meter dickem Beton für den Fall eines nuklearen Angriffs eine Art Zentrale für die wichtigsten 250 Männer erbaut. Bis 2003(!) war das hier top secret. Führungen sind heute leider nur auf Lettisch und Russisch, aber wir haben Glück: ein junge Lettin spricht uns an. Sie übersetze sowieso für ihren englischen Freund, wir können uns anschließen. Als wir die Treppe zum Bunker hinuntersteigen, schlägt uns schon modriger Geruch entgegen, dann präsentiert sich ein Labyrinth aus kalten Gängen mit dicken Stahltüren in angemessenen Abständen. Etliche Räume sind mit Kommunikationstechnik ausgestattet. An Telefonen mangelt es nicht – die Jungs sind begeistert von den Wählscheiben, kennen sie natürlich nicht. Die 250 VIPs hätten hier im Ernstfall drei Monate ohne Hilfe von außen überleben sollen. Der Generator, der extra für uns einmal mit ohrenbetäubendem Getöse angeworfen wird, verbraucht 10 Liter Diesel in 15 Minuten. Unser Führer lacht auf und meint, man hätte Treibstoff für maximal 2 Wochen hier lagern können, und auch sonst läßt er keine Gelegenheit aus, sich über die Russen lustig zu machen. Wir fragen uns, ob die russische Führung wohl ein bißchen anders verläuft. Den Abschluss bildet ein kleiner Imbiss im Essenraum, Tschai und Pelmeni an mit Wachstischtüchern und roten Plastiknelken verschönerten Tischen. Außer uns und dem Engländer schaut niemand wirklich belustigt drein.
Im Nachbarort entdecken wir merkwürdige Höhlen, die offensichtlich von Menschenhand in den Fels geschlagen worden sind. Viele offen und leer, einige aber mit Holztüren verschlossen. Wir erkunden ein paar der Gänge und treffen auf einen Mann, der ein paar Brocken Englisch spricht. Die Höhlen sind Lagerräume für die Vorräte der Anwohner, haben das ganze Jahr über eine Temperatur von etwa 5°C. Er präsentiert stolz Kartoffeln und rote Beete vom Vorjahr.

 

Daß man die Grenze zu Litauen passiert hat, merkt man vor allem an der aggressiven Fahrweise der Autofahrer. Dichtes Auffahren und gefährliche Überholmanöver sind an der Tagesordnung. Die einzigen die ordentlich fahren sind wir, deshalb sind wir ganz entspannt, als uns eine Polizeistreife rauswinkt. Routinemäßige Kontrolle der Fahrzeugpapiere. Dann: „Ich sehe keine Vignette an der Frontscheibe.“ Wir tauschen einen Blick aus. Sch…., da ist uns wohl was entgangen. Auf die Idee, daß man für das Befahren solcher Straßen noch Geld verlangen könnte, sind wir gar nicht gekommen. Doch es gibt hier eine LKW-Maut. Die Strafe beträgt umgerechnet 600 Euro. Im ersten Moment hoffen wir noch auf einen Übersetzungsfehler, aber nein, der Polizist zeigt es Hannes auf einem offiziellen Papier. Ich bleibe sitzen, muss erst mal schlucken. Das entspricht ungefähr unseren Kosten für einen Monat Essen! Hannes steigt aus, redet zwei Minuten. Dann steigt der Polizist in den Streifenwagen, sein Partner hält angestrengt mit einem Fernglas nach anderen LKW Ausschau, und Hannes kommt zurück. „Haben wir noch 50 Euro in Bar?“ Ich ahne es schon. Wir kratzen 30 Euro in Scheinen zusammen. Zwanzig weitere in Kleingeld werden von dem Beamten abgelehnt. Er schaut Hannes nicht mehr in die Augen. Wir werfen den Motor an. Nix wie weg! An der nächsten Tanke kaufen wir eine Vignette für heute und steuern dann die polnische Grenze an.
Eine Sehenswürdigkeit auf dem Weg wollen wir uns jedoch nicht entgehen lassen: Den Hügel der Kreuze. Nahe der Stadt Siauliai schauen wir uns dieses Symbol für den Stolz und den Freiheitsglauben der Litauer an. Unzählige Kreuze (wir glauben, es müssen Millionen sein) sind hier aus religiösen Gründen, oder um jemandem zu gedenken errichtet worden. Der Ort bedeutet den Litauern viel und ist den sowjetischen Besatzern folglich ein Dorn im Auge gewesen. Sie haben etliche Male alles mit Bulldozern eingerissen, um festzustellen, dass die Anwohner trotz aller Gefahr hinterher alles in Nacht-und-Nebel-Aktionen wieder aufgestellt haben. Wir sind ziemlich beeindruckt von diesem Ort. Die einsetzende Dämmerung paßt natürlich gut dazu, und da ein leichter Wind weht, klimpern die vielen Metallkreuze, die an größeren aufgehängt worden sind, wie Tausende kleiner Windspiele über den Hügel.
Kurz vor der polnischen Grenze verabschiedet sich das Land noch mit einem Feuerwerk der litauischen Fahrkunst. Ein Elefantenrennen der Extraklasse. Einige LKW – ich weiß nicht, sind es sechs oder acht – finden offensichtlich Gefallen daran, sich auf dieser für hiesige Verhältnisse sicher recht guten aber leider einspurigen Straße trotz ständigen Gegenverkehrs gegenseitig zu überholen. Und das nicht etwa einer hübsch nach dem anderen, sondern immer gleich zwei plus etliche zusätzliche PKW und ein Krankenwagen, der sich ebenfalls munter ins Getümmel stürzt. Wir und die entgegenkommenden Autos fahren quasi durchgehend auf dem etwa 1 Meter breiten Seitenstreifen. Ich klammere mich an den Sitz, die Füße gegen das Handschuhfach gestemmt und rufe mal mit schreckensweiten, mal mit zugekniffenen Augen „Bremsen, Hannes, bremsen!“ oder „Da kommen doch Autos!“. Hannes – Mr. Cool himself – hält konzentriert Abstand zum Vordermann, immer genau so viel, dass sich ein Laster und ein bis zwei PKW im Bedarfsfall noch gerade reinquetschen können und sagt: „Schade, daß die Jungs schon schlafen. Hätten sie sich bestimmt gern mit angeguckt.“

In Polen angekommen denken wir uns, diesmal sind wir schlauer. Die Zollbeamtin, die uns rauswinkt und einen flüchtigen Blick hinten rein wirft, sagt zwar nichts von einer Maut, aber wir halten schon 3 Kilometer hinter der Grenze auf einem LKW-Rastplatz (es ist kurz vor Mitternacht) und fragen am nächsten Morgen in der Trucker-Bar nach. Die Dame versteht kein Wort Englisch und zuckt nur mit den Schultern. Dieses Verhalten kennen wir schon, auch von früheren Polen-Reisen. Man versteht nichts, will auch nichts verstehen, und wendet sich einfach ab. Aber ein Lasterfahrer sagt, Vignette ja, nix hier, nächste Tankstelle.
Aha, wir fahren in den nächsten Ort an die Tanke. Der Tankwart hat von einer Maut in Polen noch nie was gehört. Auch nicht für große Autos? LKW? – Nein, echt nicht. – 100% sicher? – Kopfwackeln. Na, ob das verläßlich ist? Erstmal Großeinkauf im Supermarkt, als wir wieder rauskommen entdeckt Hannes gegenüber einen Streifenwagen. Die Frage nach der Maut verneint auch der Polizist. Hannes fragt nach, ob er sicher sei. Ist er anscheinend nicht, denn er greift zum Telefon und fragt selbst nach. Lustig. Ja, doch, LKW-Maut auf den Schnellstraßen, auf kleineren nicht. Vignette kann nur an der Grenze gekauft werden. Aha. Wir überlegen, ob wir zur Grenze zurückfahren und das Ding kaufen oder mithilfe einer Karte nur die Nebenstraßen benutzen. Allerdings wird die Zeit etwas knapp, wir wollen in einer Woche bei Coco und Jan in München sein. Nach Erwerb und Studium einer Straßenkarte für Europa (Maßstab: 10 cm entsprechen 20 km – da stimmt doch auch wieder was nicht) entscheiden wir uns für die Rückfahrt zur Grenze.
Dort läuft Hannes an den entsprechenden Schalter. Es ist halb sieben. Kurze Nachfrage, aber Englisch, Deutsch oder Zeichensprache kann die Dame alles nicht. Das übliche Schulterzucken und Abwehren. Hannes bekommt ein polnisch/russisches Infoblatt in die Hand gedrückt. Als der Mann vor ihm fertig ist, wird der Schalter zugemacht – jetzt 18.45 Uhr, Schließzeit eigentlich 19 Uhr, aber bei dem Arbeitstempo hätte sie es vielleicht nicht pünktlich raus geschafft.
Draußen fragt Hannes einen Zollbeamten, der wiederum sagt, die Maut sei auf allen Straßen Pflicht. Wir übernachten direkt vor dem Schaltergebäude. Ich versuche was aus dem Prospekt herauszufinden, aber mein Russisch reicht ja nur zum Granatapfel-Kaufen, und mache letztendlich einen Hilfszettel mit ein paar Wörtern aus dem Polnisch-Wörterbuch, unseren Fahrzeugdaten und der geplanten Route durch Polen. Den nehmen wir am nächsten Morgen mit zum Schalter. Vor uns stehen vier, was nach gestriger Erfahrung einer Wartezeit von einer Stunde entspricht. Wir schauen uns um. In der Halle befinden sich neben dem Vignetten-Schalter noch vier weitere Geldwechsel-Schalter. An jedem sitzt eine perfekt gestylte Dame. Eine hält eine Kaffeetasse in der Hand, eine geht ständig irgendwohin raus oder ihre Kolleginnen besuchen, die anderen beiden starren Löcher in die Luft oder auf den laufenden Fernseher in ihrem Kabuff. Englisch kann von ihnen keine, schulternzucken können sie alle. Außerdem beobachten wir während der tatsächlich einstündigen Wartezeit (die arbeiten hier wirklich wie ein Uhrwerk) eine dreiköpfige Putzkolonne beim Wischen des Bodens: Ein Mann wischt, die eine Frau stützt sich auf ihren Mob, die andere holt regelmäßig frisches Wasser. Nebenbei wollen ganze drei Kunden Geld tauschen. Dann sind wir dran, legen den Hilfszettel auf den Thresen und tatsächlich, der Herr hinter dem Schalter gibt sich Mühe uns zu verstehen, und wir bekommen zusätzlich Hilfe von dem Lasterfahrer hinter uns. Er findet „familia super“, hat selbst vier Söhne und kann ein paar Brocken Deutsch. Wir bekommen also eine elektronische Plakette (ähnlich der in Österreich verwendeten), zahlen nach gefahrenen Kilometern und müssen das Ding jetzt nach dem prepaid-Prinzip aufladen und an der tschechischen Grenze wieder abgeben. Pfand gibt`s auch noch. So, 240 Zloty bitte. Wir halten ihm die Karte hin, an der Scheibe befindet sich ein Aufkleber, der die Nutzung von Visa, Maestro und Co. verspricht. Der Mann schüttelt mit dem Kopf. Das Kartenlesegerät ist kaputt, es geht nur in bar. Wir haben natürlich keinen einzigen Zloty auf der Tasche. Also zurück zum nächsten Ort, Geldautomat suchen, Zloty abheben, zurück zur Grenze, bezahlen, und endlich können wir das Maut-Gerät vorschriftsmäßig installieren.

Auf der Suche nach einem Stellplatz für die Nacht fahren wir einen kleinen Feldweg entlang, der von der Straße abzweigt. Schönes Wetter, um uns Wiesen und Felder, ein paar Kühe grasen dichtbei. Hannes steigt kurz aus, geht das Gelände ab. Fühlt sich fest an. Wir wollen noch hinter die nächste Baumreihe fahren, wo Sonne ist. Da passiert`s, der Laster hält, die Räder drehen durch, Allrad ist schon drin. Rückwärtsgang … kein Erfolg. Wir steigen aus. Sieht nicht so schlimm aus. Hannes schiebt dicke Äste unter die Räder, damit wir mehr Grip bekommen. Der Versuch scheitert. Ich suche inzwischen den Spaten. Wo haben wir das Ding denn nur wieder hingemölt? In der kleinen Hütte kann man doch nichts verlegen – wir natürlich doch. Hannes gräbt mit den Händen die Räder frei. Noch ein Versuch, zurück… vor… zurück. Keine Chance, das Differential liegt hinten schon auf dem Boden auf. In ein paar Hundert Metern Entfernung arbeiten zwei Träcker. Der erste versteht nichts, schickt Hannes zum anderen. Der versteht auch nichts, aber jemand ruft einen Mann herbei. Wir haben mal wieder Glück. Der junge Pole hat ein paar Jahre in den USA gearbeitet, spricht fließend Englisch und ist total gut drauf. Die Jungs können`s gar nicht fassen, als Papa im Träcker wieder angefahren kommt. Ziemlich cooler Auftritt. Uns rauszuziehen ist für die Maschine ein Klacks, ich kann kaum Fotos machen. Ob sie ein bißchen was haben wollen für die Aktion? Der Typ wehrt ab. „Ich helf dir heute, du morgen einem anderen, irgendwann einer mir. So ist jedem geholfen.“ Die zwei sind so schnell wieder weg, wir kennen nicht einmal einen Namen. Vielen Dank! Am nächsten Morgen fährt sich 200 Meter weiter ein Träcker fest – es war also wirklich unvorhersehbar matschig.

Sjnjierák

 

Wir sitzen gerade bei zwei Kaffee und vier Kakao mit Schlagsahne in der Fjällstation in Kvikkjokk und trocknen nach einem verregneten Abstieg vom Sjnjierák (800 Höhenmeter). Beim Aufbruch gestern Abend schien die Sonne noch durch die Wolken, der Wetterbericht hatte gelegentliches Nieseln und Sonnenschein für den nächsten Morgen vorausgesagt. Die Dame in der Fjällstation schätzte unsere Aufstiegsdauer mit den Kindern auf etwa 2 ½ Stunden. Und hell ist es hier ewig, also los (19 Uhr). Nach der ersten halben Stunde unter andauernder Mückenattacke setzte der Nieselregen ein und steigerte sich zu einem wahren Guß, als wir nach 1 ¾ Stunden (hähä!) in Gipfelnähe kamen. Hannes wartete schön mit Pfadfinder-Geschichten auf, die immer damit endeten, dass er mit seinen Kumpels damals durchnäßt und müde bei Einbruch der Nacht (also exakt unserem Status nur ohne die vier kleinen, nassen, müden Kinder) an einer überfüllten Hütte angekommen war und zwangsläufig weiterziehen oder im Freien übernachten mußte. Dementsprechend war mir also leicht mulmig zumute, als die Hütte in Sicht kam. Hannes kam mit den Jungs (selbstverständlich) vor mir dort an, öffnete die Tür machte einen Schritt hinein und … drehte sich grinsend zu mir um. Leer. Die Hütte ganz für uns allein. War wohl kein anderer so doof, dem Wetterbericht zu vertrauen und um die Zeit zu einer Bergwanderung aufzubrechen.
Mit Stockbrot und Marshmallows am Feuer war es dann sogar richtig gemütlich, dem inzwischen sintflutartigen Regen draußen zu lauschen.
Am nächsten Morgen leider auch kein der Vorhersage entsprechendes Wetter … Regen. Irgendwann entschlossen wir uns zum Aufbruch. Trotzdem waren die Jungs bergab bis auf Matti („die Füße sind nahaß!“) bei bester Laune. Abstiegsdauer 1 Stunde. Ich denke, wir können bald mal in die Hohe Tatra – mit geeigneten Schuhen.