



























































Die Ouzoud-Wasserfälle sind die höchsten Marokkos und sehr schön in einem Tal des Hohen Atlas gelegen. Gucken wir uns natürlich an. Von Marrakech etwa zwei Autostunden entfernt – aber selbstverständlich nicht mit unserem Auto. So ist es also wieder dunkel, als wir das Gebirge und somit die letzte Etappe mit den Serpentinen erreichen. Nach einigen Minuten stoppen wir an einer Brücke. Auf Haukes Karte ist sie mit einer 15 markiert. Heißt das, sie trägt 15 Tonnen? Sieht irgendwie nicht so aus. Obenauf liegen Metallplatten, die teilweise gegeneinander verschoben sind. Dazwischen kann man bis auf den Fluß hinunterspähen. Wir erwägen, einfach hier zu schlafen und am nächsten Morgen erstmal zu beobachten, wer sich da so drüber traut. Da kommt ein PKW angefahren. Die drei Marokkaner sind wie immer sehr zuversichtlich. Ja, die 15 steht für die Tragkraft. Hier fahren auch Laster drüber. Ihr werdet alle sicher sein – Inshallah. Als uns das noch nicht überzeugt, bietet einer an, die Feuerwehr selbst rüberzufahren. Das will Hannes dann auch nicht. Die Marokkaner fahren vor. Die losen Platten scheppern ordentlich. Dann kommt der Fahrer zurück, will uns einweisen – die Brücke ist schmal und einweisen tun die hier alle gern. Na gut, wenn der auf der Brücke steht, während wir rüberfahren, hat er wohl Vertrauen. Es geht dann auch alles gut. Die Strecke fahren wir auf jeden Fall im Hellen zurück, wegen der Fotos.
Die Marokkaner wohnen auch gleich in Ouzoud, einer von ihnen betreibt einen Campingplatz im Ort. So fahren sie die Serpentinen lustig vor uns her. Durch die Heckscheibe beobachten wir das gelöste Treiben. Offensichtlich hören sie laut Musik, wackeln fröhlich im Auto umher, stoßen hin und wieder an, die Bierpulle geht zum Mund. Bei der zweiten Pinkelpause (auf etwa 20 Kilometern) kann auch der Fahrer kaum noch geradeaus laufen. Na, gefahren ist er noch ganz gut. Im Ort angekommen halten sie noch kurz an der Polizeistation. Kurzer Schnack mit dem völlig unbeeindruckten Beamten. Dann geleiten sie uns zum Campingplatz. Strom haben die hier auch. Den brauchen wir dank Solaranlage nicht, aber Hauke und Paula sind hin und wieder auf einen externen Anschluß angewiesen. Am nächsten Tag bekommt Hauke beim Einsteigen voll eine gewischt. Irgendwie liegt eine Spannung von 50 Volt auf der Karosserie. Er nimmt den halben Bulli auseinander, um den Fehler in der Elektrik zu suchen, bis Hannes die Idee kommt, die Marokkaner könnten bei der Erdung Mist gebaut haben. Und tatsächlich, es läßt sich auch zwischen Karosserie und dem Erdboden Spannung ableiten. Der Campingplatzbetreiber verspricht natürlich, sofort einen Elektriker zu rufen. Inshallah.
Am späten Abend durchzuckt es mich. Wo ist eigentlich mein Kindle? Nach kurzer Suchaktion fällt mir ein, wo ich ihn das letzte Mal in der Hand hatte: Im Riad in Marrakech habe ich ihn in eine Schublade gelegt. Wenn den da einer gefunden hat, ist er weg. Am nächsten Morgen erreicht Hannes per Telefon den Manager. Der weiß nichts von einem elektronischen Buch, will aber noch einmal suchen gehen. Nach einer halben Stunde rufen wir wieder an. Ja, sie haben ihn gefunden. In der Schublade. Die macht außer mir wohl sonst nie einer auf. Sie bewahren ihn auf bis wir kommen.
Lieber marokkanischer Allah. Vielen Dank für diese ehrlichen Menschen, die meinen Kindle nicht geklaut haben! …Äh … und für die sichere Überfahrt auf einer wackligen Brücke über einen tiefen Abgrund mit unseren vier Kindern natürlich auch!