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Oulanka Nationalpark

Das war `ne Nacht! Erschöpft waren wir in die Schlafsäcke gekrochen, noch leicht euphorisch über die Wahnsinnsleistung der Jungs: 19 Kilometer auf dem „Pfad des Bären“ quer durch den Nationalpark, über Stock und Stein. Während mir auf halber Strecke schon die Beine schmerzten, liefen sie noch im Hüpfschritt vorne weg. Nur Matti wollte auf den letzten drei Kilometern dann doch auf Hannes` Schultern. Wir teilten uns die Hütte mit zwei Pärchen, die leicht zerknirscht guckten, als wir mit den Kindern am späten Abend noch eintrudelten. Fürchteten wohl um ihre Nachtruhe. Wir bezogen die obere Etage der Holzpritsche. Decke unter, Schlafsäcke drauf. Isomatte ist doch was für Weicheier, haben wir nie gebraucht. Soweit die Argumentation beim Packen. Ich wälzte mich stundenlang um meine eigene Achse. Auf der Seite taten die Beckenknochen weh, auf dem Rücken das Kreuzbein, auf dem Bauch die Knie. Als irgenwann die Tür der Hütte aufging und vier weitere Finnen schnatternd hereinrumpelten, meinte ich, es müsse schon in den Morgenstunden sein. Es war aber erst halb zwölf. Die vier brauchten dann noch eine Weile mit essen, Schlafplätze verteilen und beziehen, rascheln in Plastiktüten, Luftmatratzen aufpusten (die waren klüger gewesen) und und und. Irgendwann, ich war gefühlt gerade eingeschlafen, ging dann das Gekicher los. Bennet hatte die zerzauste Frisur eines Wanderers entdeckt – inzwischen war es hell geworden – und sofort die Brüder geweckt und informiert. „Da unten liegt der Strubbelkopf! Hähähä!“ Die Jungs hatten – natürlich – prächtig geschlafen und waren ausgeruht. Alles „Pssst!“ und „Die wollen noch schlafen!“ half nix. Die Nacht war beendet. Mein einziger Trost: Hannes war es genau so ergangen.

Die folgende Wanderung (halbe Strecke) rissen wir dann locker auf einer Arschbacke ab. Die Herbstwaldstimmung inklusive Hängebrücken entschädigte doppelt für die vorangegangene Nacht.

Zur Belohnung haben wir die kleinen Wanderer in Rovaniemi in den nördlichsten McDonalds der Welt ausgeführt.

Finnland ist zumindest in der nördlichen Hälfte von scheinbar unberührten Wäldern nahezu vollständig bedeckt. Rentiere sehen wir hier so viele, daß es schon beinahe nichts Besonderes mehr ist. Wir wären gern noch paddeln gegangen, deuten aber die 6°C Außentemperatur als Zeichen, endgültig den Polarkreis zu verlassen. Zudem erwartet uns in Helsinki ein Care-Paket von der Oma, in dem Hannes` internationaler Führerschein nachgeschickt wird und die Jungs Geburtstagsgeschenke und Süßigkeiten vermuten.

Wir haben übrigens Isomatten gekauft.

Taschen voller Gold im Lemmenjoki & der echte Klaus

Vor rund 70 Jahren haben die Brüder Uula, Niilo und Veikko Ranttilla als eine der ersten kleinere Mengen an Gold im Lemmenjoki gefunden. Laut Prospekt, konnte eine Handvoll Männer davon in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg gut davon leben. Insgesamt wurden im Lemmenjoki 600kg Gold gefunden. Nicht viel weiter südlich im Ort Kittilä gibt es immerhin eine Goldmine. Umso größer wurden natürlich die Augen unserer Jungs, dass der kommende Nationalpark nicht nur bewandert wird, sondern auch begoldsucht. Mit unserer verdreckten Kiste (vorher untenrum Abschmierdienst gemacht, dreckige Angelegenheit) ging es nun von Kilpisjärvi gemütlich Richtung Lemmenjoki. Dort haben wir uns bei einem Gold-Digging Trip der Sami Familie Paltto, geführt von deren zwei Söhnen, eingeklinkt. Echtes Mecklenburger Schietwedder hatten wir dann am Tag des Goldfiebers. Umso erstaunlicher, dass unseren Jungs das scheinbar keine Platte machte und das Geplärre ausblieb. Ist echt prima, dass die Jungs schon so einiges mitmachen – nun ja, hat auch fast ein Jahrzehnt gedauert bis wir mal das eine oder andere knackige Ding mit den Jungs durchziehen konnten ohne Stillpause, Fütterpause, Herumtragerei, Windelei oder Mittagsschlaf. Wie auch immer, mit dem Sami Aslak ging es dann per Boot durch zwei sportliche Stromschnellen rund 20km südwestlich den Lemmenjoki zum Claim der Sami Familie Paltto tief im Nationalpark (kein Handyemfang mehr). So ganz haben wir ja nicht daran geglaubt, aber nach Einweisung durch die Sami Brüder haben wir dann wirklich Gold gefunden! In verschwindend geringer Menge zwar, aber immerhin so viel, dass nach rund einer Stunde Goldwaschen rund 10 kleine Goldnuggets (Durchmesser weniger als ein halber Millimeter) und viele kleine Granat Steine in unseren von den Samis gesponserten Reagenzgläschen lagerten.

Wir hätten es uns selber nicht getraut, Bennet hat aber dann doch die Frage gestellt, ob die zwei Jungs richtige Sami sind. „Very good question, yes we are…“ war die Antwort, denn der eine oder andere Finne, Schwede oder Norweger gibt sich für die Touris gerne als Sami aus um sich den ein oder anderen Euro dazu zu verdienen. Schon echt fies, lange als Minderheit unterdrückt, christlich missioniert (Trommeln wurden verbrannt, weil der gute Luzifer doch Trommeln so gerne hat) und am Ende kopiert zum Kohle machen. Zum Abschluß der Goldsuche hat uns der jüngere der Sami Brüder Yoik vorgesungen. Ein witziger Gesang, natürlich in Sami Sprache, über Alltägliches oder persönliche Erfahrungen der Sami, der verdammt gut in die Atmosphäre des Waldes mit seinem dezenten Echo passte.

Den Tag darauf haben wir uns für die Wanderung entlang des Naturpfades entschieden. Ein Pienienwald mit echt krass urtümlicher Atmosphäre, Pinien weiser als Goethe und Schiller, Pfade entlang der Bergkämme die teilweise durch Rentiere ‚angelegt‘ wurden, immer wieder Lemminge entlang des Weges und ein Lagerfeuer am See mit Stockbrot und Würstchen ganz zum Schluß. Da wir wie fast immer erst spät am Nachmittag mit der Schule fertig geworden sind, ja Schule wird knallhart durchgezogen, haben wir dann auf dem Weg vom Lagerfeuer bis zum Auto gegen 22 Uhr gleich noch eine Nachtwanderung gemacht. Matti war dabei nicht ganz so wohl und musste den letzten km bis zum Auto auf die Schultern.

Um bei den Kindern ja keine Langeweile aufkommen zu lassen, waren wir dann heute Nachmittag gleich noch beim richtigen Weihnachtsmann. Und wirklich, exakt am Polarkreis nördlich von Rovaniemi, dem offiziellen Wohnsitz des (einen) Weihnachtsmannes, konnten wir also dem echten Weihnachtsmann in seinem Haus einen, wohlgemerkt, kostenlosen Besuch abstatten. Alles andere als kostenlos war dann das Foto mit dem Weihnachtsmann – ist bestimmt das Futter für die Rentiere. Sogar die sagenumwobene Uhr, mit der die Erdrotation zu Weihnachten außer Kraft gesetzt wird (damit alle Kinder den einen Weihnachtsmann zu Gesicht bekommen), war in Betrieb!