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Taschen voller Gold im Lemmenjoki & der echte Klaus

Vor rund 70 Jahren haben die Brüder Uula, Niilo und Veikko Ranttilla als eine der ersten kleinere Mengen an Gold im Lemmenjoki gefunden. Laut Prospekt, konnte eine Handvoll Männer davon in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg gut davon leben. Insgesamt wurden im Lemmenjoki 600kg Gold gefunden. Nicht viel weiter südlich im Ort Kittilä gibt es immerhin eine Goldmine. Umso größer wurden natürlich die Augen unserer Jungs, dass der kommende Nationalpark nicht nur bewandert wird, sondern auch begoldsucht. Mit unserer verdreckten Kiste (vorher untenrum Abschmierdienst gemacht, dreckige Angelegenheit) ging es nun von Kilpisjärvi gemütlich Richtung Lemmenjoki. Dort haben wir uns bei einem Gold-Digging Trip der Sami Familie Paltto, geführt von deren zwei Söhnen, eingeklinkt. Echtes Mecklenburger Schietwedder hatten wir dann am Tag des Goldfiebers. Umso erstaunlicher, dass unseren Jungs das scheinbar keine Platte machte und das Geplärre ausblieb. Ist echt prima, dass die Jungs schon so einiges mitmachen – nun ja, hat auch fast ein Jahrzehnt gedauert bis wir mal das eine oder andere knackige Ding mit den Jungs durchziehen konnten ohne Stillpause, Fütterpause, Herumtragerei, Windelei oder Mittagsschlaf. Wie auch immer, mit dem Sami Aslak ging es dann per Boot durch zwei sportliche Stromschnellen rund 20km südwestlich den Lemmenjoki zum Claim der Sami Familie Paltto tief im Nationalpark (kein Handyemfang mehr). So ganz haben wir ja nicht daran geglaubt, aber nach Einweisung durch die Sami Brüder haben wir dann wirklich Gold gefunden! In verschwindend geringer Menge zwar, aber immerhin so viel, dass nach rund einer Stunde Goldwaschen rund 10 kleine Goldnuggets (Durchmesser weniger als ein halber Millimeter) und viele kleine Granat Steine in unseren von den Samis gesponserten Reagenzgläschen lagerten.

Wir hätten es uns selber nicht getraut, Bennet hat aber dann doch die Frage gestellt, ob die zwei Jungs richtige Sami sind. „Very good question, yes we are…“ war die Antwort, denn der eine oder andere Finne, Schwede oder Norweger gibt sich für die Touris gerne als Sami aus um sich den ein oder anderen Euro dazu zu verdienen. Schon echt fies, lange als Minderheit unterdrückt, christlich missioniert (Trommeln wurden verbrannt, weil der gute Luzifer doch Trommeln so gerne hat) und am Ende kopiert zum Kohle machen. Zum Abschluß der Goldsuche hat uns der jüngere der Sami Brüder Yoik vorgesungen. Ein witziger Gesang, natürlich in Sami Sprache, über Alltägliches oder persönliche Erfahrungen der Sami, der verdammt gut in die Atmosphäre des Waldes mit seinem dezenten Echo passte.

Den Tag darauf haben wir uns für die Wanderung entlang des Naturpfades entschieden. Ein Pienienwald mit echt krass urtümlicher Atmosphäre, Pinien weiser als Goethe und Schiller, Pfade entlang der Bergkämme die teilweise durch Rentiere ‚angelegt‘ wurden, immer wieder Lemminge entlang des Weges und ein Lagerfeuer am See mit Stockbrot und Würstchen ganz zum Schluß. Da wir wie fast immer erst spät am Nachmittag mit der Schule fertig geworden sind, ja Schule wird knallhart durchgezogen, haben wir dann auf dem Weg vom Lagerfeuer bis zum Auto gegen 22 Uhr gleich noch eine Nachtwanderung gemacht. Matti war dabei nicht ganz so wohl und musste den letzten km bis zum Auto auf die Schultern.

Um bei den Kindern ja keine Langeweile aufkommen zu lassen, waren wir dann heute Nachmittag gleich noch beim richtigen Weihnachtsmann. Und wirklich, exakt am Polarkreis nördlich von Rovaniemi, dem offiziellen Wohnsitz des (einen) Weihnachtsmannes, konnten wir also dem echten Weihnachtsmann in seinem Haus einen, wohlgemerkt, kostenlosen Besuch abstatten. Alles andere als kostenlos war dann das Foto mit dem Weihnachtsmann – ist bestimmt das Futter für die Rentiere. Sogar die sagenumwobene Uhr, mit der die Erdrotation zu Weihnachten außer Kraft gesetzt wird (damit alle Kinder den einen Weihnachtsmann zu Gesicht bekommen), war in Betrieb!

Welcome to Finland

Tiefschwarze Finsternis umgibt uns, als wir uns östlich von Tromsö der Grenze zu Finnland nähern. Mond und Sterne sind hinter der dichten Wolkendecke, die wir schon am Tage in trauter Zweisamkeit mit dem Sturm bewundern konnten, nicht zu sehen. Das Licht, das bei diesem Wetter gewöhnlich reflektiert wird, fehlt hier, denn was sollte die Quelle sein? Kein Dorf, nicht einmal ein Haus ist zu sehen. Seit vielen Kilometern gibt es nicht einmal eine Abzweigung. Am „A…. der Welt“ zu sein wird hier für uns neu definiert – nicht ahnend, daß sich dies ein paar Tage später noch mit Leichtigkeit steigern lassen würde. Ständig laufen Mäuse quer über die Straße, Eulen fliegen hinterher. Dann ganz plötzlich ein hell erleuchteter Bungalow, zwei offiziell gekleidete Herren und das Hinweisschild Finnland/Suomi. Are you tourists? – Yes. – Welcome to Finnland.

Kurz hinter der Grenze befinden wir uns in den finnischen „Highlands“ mit dem am höchsten gelegenen Ort in diesem Land, Kilpisjärvi, knapp 500 Meter über dem Meerespiegel. Beim Essen nähert sich zur Freude der Jungs ein Fuchs der Feuerwehr und schnüffelt an den Kartoffelschalen, die ich in einen kleinen Busch gekippt habe. Eine Wanderung führt uns dann tatsächlich noch auf über 1000 Meter hoch und wir begegnen sogar einem weißen Rentier. Eins wird hier schlagartig deutlich: der Herbst hat begonnen. Die orange-gelben Birkenwälder sind wunderschön, aber es ist kalt geworden. Wir beschließen, noch einen Nationalpark und die Samenstadt Inari zu besuchen, dann aber endgültig in den Süden zu fahren.

Auf dem Weg in den Lemmenjoki-Nationalpark wird uns dann noch mal klar, wie weit in der Wildnis wir uns befinden. Die Hauptroute aus dem Westen (Nähe schwedische Grenze) in den Nordosten Finnlands ist eine Sandpiste. Hannes muß für etwa 50 Kilometer sogar Allrad zuschalten, da die Straße durch den seit Tagen immer wiederkehrenden Regen schlammig ist und sich mehr nach einer Skipiste anfühlt. (Am nächsten Morgen sieht das Auto aus wie Sau und der Auspuff ist von der Jackelei fast aus der Führung gerutscht.) Die Fahrbahnmarkierung bilden in den Boden gesteckte, mit reflektierendem Klebeband umwickelte Äste, von denen einige wieder Wurzeln geschlagen haben – es wachsen Blätter aus ihren Enden. Eine Rentierherde kreuzt unseren Weg, wenig später ein Hase, dann ein Fuchs. Der verantwortungsvolle Vater unterhält nach Einbruch der Nacht Lasse mit der alten Gruselgeschichte von einem Typen der allein einen einsamen Waldweg entlangfährt, dann anhält, da sich etwas auf der Straße befindet, aussteigt und bei der Entdeckung, daß es sich um eine hinterhältig abgelegte Strohpuppe handelt, panisch zum Wagen zurückrennt, die Tür zuschlägt und davonrast. Am nächsten Morgen findet er im Auto einen Finger – abgequetscht, als er nach ihm ausgestreckt wurde … Die Story verfehlt ihre Wirkung nicht. Lasse und ich gruseln uns schön. Die Kleinen schlafen.

Mädels – eines muß ich noch sagen. Die nordischen Männer sind eine Enttäuschung! Was hatte ich erwartet? Den großen, breitschultrigen Outdoor-Typen mit wildem Haar und Dreitagebart natürlich! (An dieser Stelle erscheint vor meinem inneren Auge ein gewisser Oberarzt mit den Worten „Frauen sind ja so oberflächlich.“) Aber mal ehrlich. Keinen einzigen gutaussehenden Mann hab ich bis jetzt hier gesehen – von den fünf heißen Typen, die sich gerade Plastikstückchen in die Fahrradspeichen klemmen, weil es so schön laut rattert, selbstverständlich abgesehen! Die Schwedinnen übrigens haben alle Erwartungen erfüllt. Ist auch mir aufgefallen und von autorisierter Stelle bestätigt worden. Lobend aber muß der Musikgeschmack der Skandinavier erwähnt werden. Wir hören gerade im Radio ein Special zu den Foo Fighters, ausgewogen durchwirkt von Bands wie Green Day und – natürlich – Nirvana. Diesbezüglich kann ich mich nicht beschweren.